Ein Interview mit Mathilde Royer Germain, Head of Company Transformation & Executive Committee Member, Airbus Helicopters
1) Frau Royer, Sie sind eine Frau in einer unternehmerischen Führungsposition. Können Sie kurz Ihren beruflichen Werdegang beschreiben?
Nach einem deutsch-französischen Doppelstudium der Internationalen Betriebswirtschaftslehre in Reims und Reutlingen trat ich 1992 in das Nachwuchsprogramm der Deutschen Aerospace ein. Diese Erfahrung hat mich sehr geprägt: Erstens hatte ich die Möglichkeit, alle Bereiche des Unternehmens kennenzulernen und zweitens förderte es meine persönliche und berufliche Entwicklung durch den Aufbau eines internen Netzwerks.
Im Jahr 2007 wurde ich zur Generalsekretärin von Airbus Helicopters ernannt und war für die Bereiche Recht, Interne Revision, Institutionelle Beziehungen, Sicherheit sowie Ethik und Compliance zuständig. 2012 übernahm ich dann die Leitung des Programms "Leichte Hubschrauber". Im Jahr 2017 wechselte ich in Division Airbus Defence & Space. Hier war ich zuständig für alleAktivitäten der"Erdbeobachtungs-, Navigations- und Wissenschaftssatelliten".
Seit 2019 bin ich bei Airbus Helicopters für den Bereich Digital Transformation verantwortlich und Mitglied des Vorstands.
2) Auf welche Leistungen in Ihrem beruflichen Werdegang sind Sie besonders stolz? Was waren schwierige Phasen?
Die Grundlage von allem ist Respekt und Vertrauen. Ich hoffe, dass ich diese Werte in meiner Arbeit jeden Tag verkörpere.
Bei Airbus sind die Projekte so groß, dass sie nur im Team bewältigt werden können. Ich bin stolz auf alle Erfolge, die im Team erzielt werden, denn gemeinsam vervielfacht sich die Wirkung und der Erfolg ist somit noch größer: Einen Auftrag zu gewinnen, einen Satelliten zu starten, einen Kunden zufrieden zu stellen - das sind immer Ergebnisse einer kollektiven Anstrengung und in der Luftfahrtindustrie immer eine Gemeinschaftsleistung. Durch die Formulierung klarer Ziele und das Einbringen von positiver Energie habe ich stets dazu beigetragen.
Es ist auch sehr bereichernd, Mitarbeiter zu fördern und zu unterstützen, so wie ich selbst im Laufe meiner Karriere von den guten Ratschlägen verschiedener Mentoren profitieren konnte.
Beruf und Privatleben unter einen Hut zu bringen, war nicht immer einfach: Eine Herausforderung war die Zeit, als ich die Position der Generalsekretärin von Airbus Helicopters übernahm - ich war im sechsten Monat schwanger und meine Tochter erst 18 Monate alt. Eine weitere war meine Versetzung nach Toulouse als Leitung der Sparte Beobachtungssatelliten, während meine Familie in Marseille blieb.
3) Gerade die Industrie ist sehr männerdominiert und Sie sind als Frau Chief Transformation Officer und Mitglied des Vorstands von Airbus Helicopters. Welche Fähigkeiten muss man Ihrer Meinung nach mitbringen, um als Frau in der Branche erfolgreich zu sein?
Ich bin ein großer Anhänger von Erfolg und Ergebnissen. Durch die Qualität meiner Arbeit habe ich gezeigt, was ich leisten kann, und ich denke auch, dass ich gerade als Frau in einer eher männerdominierten Branche durch meine Resultate eine gewisse Sichtbarkeit erlangen konnte.
Es gibt meiner Meinung nach keine Standardliste von Fähigkeiten nach Geschlecht. Die Vielfalt der Hintergründe und Profile führt zuverschiedenen Betrachtungsweisen, entsprechend entstehen unterschiedliche Lösungsansätze. Dieses trägt zueiner größeren kollektiven Intelligenz bei.
4) Was kann getan werden, um mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen?
Unser Ziel bei Airbus ist es, eine integrative Kultur zu schaffen, die die Voraussetzung dafür ist, vielfältige Profile zu gewinnen und vor allem zu halten. Wir haben mittelfristige (2025) und langfristige (2030) Ziele, um diesen Wandel zu unterstützen, die wir im Rahmen des Inclusion & Diversity Board verfolgen, dem ich angehöre.
Das Verhalten und Handeln jedes Einzelnen macht den Unterschied aus. Daher haben wir Business Champions ernannt, die als "Inclusion and Diversity"-Relais in jedem Sektor fungieren und dort den Fahrplan festlegen, um die gesetzten Ziele zu erreichen.
Wir werben auch bei jungen Menschen für die vielen Möglichkeiten, die die Luftfahrtindustrie bietet, denn Vielfalt beginnt in der Schule, an der Universität und in der Ausbildung. Um Frauen zu ermutigen, eine berufliche Laufbahn in unsere Branche zu beginnen, müssen wir sehr früh mit Aktionen in den Schulen beginnen. Die kleinen Mädchen müssen überzeugt werden! Ich habe jedes Jahr in den Kindergarten- und Grundschulklassen meiner Kinder über Hubschrauber und Satelliten gesprochen, und ich kann Ihnen versichern, dass die Augen der kleinen Mädchen genauso leuchteten wie die der kleinen Jungen.
5) Welchen Rat können Sie jungen Frauen geben, die eine Karriere anstreben?
Frauen müssen an ihr Potenzial glauben und Chancen ergreifen, wenn sie sich bieten. Selbstvertrauen und eine gute Portion Willenskraft steht am Anfang.
Weiterhin bin ich überzeigt, dass Anerkennung auf Ergebnissen resultiert und der Aufbau und die Pflege eines Netzwerks wesentlich ist. Und dies gilt sicher nicht nur für Frauen!
Schließlich müssen Frauen eine solide Familienorganisation haben, um Beruf und Privatleben gelassen unter einen Hut bringen zu können.
Das Interview führte Alexandra Seidel-Lauer