Die Stärke von Familienunternehmen

10.03.2021

Interview mit Tobias Bachmüller, Geschäftsführender Gesellschafter Katjes International

Deutschland ist stark geprägt von Familienunternehmen. Was ist der Grund dafür?

Tobias Bachmüller: Familienunternehmen machen rund 90 Prozent der Firmen in Deutschland aus. Sie sind der größte Arbeitgeber hierzulande. Allein die 500 größten Familienunternehmen beschäftigen laut Stiftung Familienunternehmen deutlich mehr Mitarbeiter als die nicht familiengeführten Dax-Konzerne. Diese Mischung aus kleinen und großen, regional verwurzelten und international aufgestellten Familienunternehmen unterscheidet die hiesige Wirtschaftsstruktur von der anderer Länder und ist ein Grund für die Stärke der deutschen Wirtschaft. 

Wo liegen die Stärken und die Besonderheiten von Familienunternehmen?

Tobias Bachmüller: Beide Wortbestandteile. Erstens Familie: Es sind Familien, die dieses Unternehmen betreiben. Und zweitens verstehen wir uns auch unternehmerisch als Familie. In großen Konzernen ist oft die Rede davon, dass die Manager wie Unternehmer handeln sollen. Das können sie aber nicht – wegen der fehlenden Langfristigkeit ihres Tuns und wegen der geringen monetären Haftung. Wir spüren dagegen den Erfolg oder Misserfolg unserer Entscheidungen sowohl unmittelbar als auch langfristig. Agilität ist ja das neue Modewort im Management – und das können die Großen von den Kleinen lernen. Dass man Dinge versucht und notfalls wieder abbricht, dass Mitarbeiter Entscheidungsfreiheiten bekommen, weil Entscheidungen meist nicht besser werden, wenn sie fünf Hierarchieebenen hinauf und wieder hinunter dekliniert werden. Das fällt in großen Organisationen schwer – da haben wir einen klaren Vorteil. 

Wo liegen die Schwächen von Familienunternehmen und was sind die Herausforderungen?

Tobias Bachmüller: Die gibt es natürlich auch, beispielsweise in der Risikoverteilung oder bei den finanziellen Ressourcen. Die hohe Bekanntheit unserer Marken in den einzelnen Ländern gleicht diese Nachteile aber meist wieder aus. 

Deutsche Familienunternehmen sind sehr exportstark und international ausgerichtet. Wie sieht Ihre Marktstrategie aus?

Tobias Bachmüller: Bei der Katjes International setzen wir auf den konsequenten Auf- und Ausbau unserer Marken. Darüber hinaus zählen weitere Akquisitionen zur klar definierten Wachstumsstrategie. Hier haben wir eine einfache Strategie: Süßware, Marke, Westeuropa. Und in die Richtung wird es weitergehen. 

Was macht einen möglichen Übernahmekandidaten für Sie attraktiv?

Tobias Bachmüller: Uns interessieren nicht so sehr die Performance oder der Profit der Marke, worauf ja viele Finanzinvestoren gucken. Sondern uns interessiert die Attraktivität und ob die für etwas steht, was wir ausbauen können. Ähnlich einem interessanten Menschen, der auch für etwas steht, besondere Fähigkeiten hat und diese charmant verkaufen kann. Zudem sollte ein potenzieller Kandidat mindestens 20 Millionen Euro Umsatz machen. Früher haben wir auch kleinere Unternehmen gekauft, aber das machen wir nicht mehr, denn das Verhältnis muss passen. 

Wie finanzieren Sie Ihren Wachstumskurs?

Tobias Bachmüller: Zunächst gab es eine Starthilfe der Gesellschafter. Dann haben wir mit Katjes International eine Anleihe ausgegeben. Diese ist inzwischen schon zweimal refinanziert, was gleichzeitig die Performance der akquirierten Unternehmen spiegelt. Die Anleger haben Vertrauen zu uns. 

Gezieltes Marketing und Werbung für Ihre Marken und deren Produkte zählt zu den Grundpfeilern der Strategie von Katjes International. Warum?

Tobias Bachmüller: Der Grund ist ein einfacher: Wir sind überzeugt von den starken Marken und Produkten, die wir akquiriert haben. Die Investition in Marketingkampagnen belegt diese Überzeugung nachhaltig, denn durch gezieltes Marketing und Werbung erzielen wir eine nachhaltige Wertsteigerung unserer Marken. 

Und wie setzen Sie das bei Ihren Marken dann in den jeweiligen Ländern um?

Tobias Bachmüller: Um dieser Ausrichtung in Richtung eines starken Markenauftritts Ausdruck zu verleihen, haben wir beispielsweise unsere Tochterunternehmen Sperlari, TreetsPiasten oder Harlekijntjes nach ihren Hauptprodukten umbenannt. Außerdem bewerben wir Schlüsselprodukte wie Treets, Sperlari, Galatine, Lutti oder Wick Hustenbonbons aktiv im TV. Die Spots fokussieren sich dabei auf den Charakter und das Wesen der Marke und sprechen damit den Verbraucher auf einer emotionalen Ebene an. 

Welche Emotionen möchten Sie mit Ihren Marken gern entfalten?

Tobias Bachmüller: Jede Marke hat ihren eigenen Charakter. Wir versuchen, genau diesen Charakter in einfachen Botschaften zu transportieren. Ergänzend kommen dann wichtige Eigenschaften wie Vertrauen, Freude und Genuss dazu. Außerdem stehen Marken für Kindheitserinnerungen; jeder hat eine schöne, nostalgische Erinnerung an eine Marke, die sie oder er ganz individuell mit der eigenen Kindheit verbindet. Durch diese Faktoren entstehen dann ganz automatisch auch die Emotionen. 

Investitionen in Marketing und Werbung können und sollen den Umsatz steigern. Welche Erfahrungen haben Sie diesbezüglich bei den Marken der Katjes International gemacht?

Tobias Bachmüller: Unsere Erfahrung belegt eindeutig, dass sich der Erfolg unserer Kampagnen in den Absatzzahlen der beworbenen Produkte zeigt. Darüber hinaus zahlt die Werbung neben dem konkreten Produkt natürlich zusätzlich auf den Wert der Marke ein. Und falls eine Kampagne mal nicht so erfolgreich sein sollte, dann ziehen wir schnell die Konsequenz und überarbeiten die transportierte Botschaft.